Was ist Stress im Jahr 2015?

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Stress, ein strapaziertes Wort – doch was stresst uns im Jahr 2015?

Leistungsgesellschaft, Medienkonsum und Freizeitstress führen zu mehr Stress

Wir leben in einer hochdynamischen, leistungsorientierten Gesellschaft, in der sich immer mehr Menschen hochgradig gestresst fühlen. Doch scheinbar ist in den letzten Jahren etwas anderes gemeint, wenn man von Stress spricht, als früher. Die Fälle von Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen hat sich z.B. bei der DAK seit 1997 mehr als verdoppelt (Quelle DAK 1997 bis 2013 – 250 vs. 100 Index). Psychische Erkrankungen sind mittlerweile auf Platz 2. der Hauptgründe, wenn Ärzte Menschen krankschreiben. Die Ursache liegt sicher im steigenden Druck in vielen Berufen durch Wettbewerbsdruck, Privatisierung, Shareholder Value Druck, Effizienzmaßnahmen und globalen Wettbewerb – aber auch im privaten Umfeld entsteht mehr Stress als noch vor einigen Jahren.

Stressbelastung entsteht nicht mehr nur durch Zeitknappheit im Beruf und ist damit eine Frage von effektivem Zeitmanagement oder Arbeitsmethoden sondern er betrifft immer mehr Lebensbereiche – auch und vor allem die Freizeit. Führende Soziologen sind der Ansicht (z.B. Professor Hartmut Rosa von der Universität Jena), dass viele Menschen mittlerweile sogar schlichtweg Angst haben – auch wenn sie sich dessen nicht bewusst sind – in der Gesellschaft den Anschluss zu verpassen. Es geht nicht mehr so sehr um Wohlstand und das Erreichen materieller Ziele oder von Karrierezielen, sondern darum, nicht abgehängt zu werden. Dies ist einer der modernen Hauptstressfaktoren. Menschen versuchen, keine Information zu verpassen, sind immer erreichbar, immer online, immer Informiert, immer da. Denn nur wer erreichbar und online ist, hat das Gefühl mittendrin zu sein im Leben und nicht die Kontrolle über die Informationen zu verlieren. Gleichzeitig steigt durch die Menge der Handlungen je Zeiteinheit (z.B. Anzahl E-Mails pro Stunde gegenüber Briefe pro Stunde zu früher) die „Handlungsdichte“. Je mehr Vorgänge wir pro Zeiteinheit verrichten, umso mehr Stress kann entstehen.

Die multioptionalen Angebote für unsere Freizeitgestaltung, die zur Verfügung stehenden Konsum-/ Medien und Ablenkungskanäle führen selbst in der Freizeitgestaltung zu immer mehr Handlungsdichte und Auswahlstress. Viele Menschen haben das Gefühl, ständig etwas tun zu müssen, um sich „zu spüren“. Die nächste Freizeitbeschäftigung muss vielleicht noch ein bisschen mehr Kick bringen als die letzte, Extremsport hilft dabei, den „Kopf“ leer zu machen, Marathon laufen wird zur ultimativen Entspannung und Herausforderung. Wir versprechen uns von allem was wir tun ein Ergebnis und wenn es nur Entspannung ist.

Es gibt sehr viele Faktoren, die dazu führen, dass wir uns „gestresst“ fühlen – die vorgenannten sind nur einige davon. Die empfundene Stressbelastung ist immer sehr individuell – was den einen stresst, lässt den andern entspannt zusehen. Interessanter Fakt – denn offensichtlich hat Stress nicht nur mit den äußeren Faktoren zu tun, sondern auch mit Prozessen und Abläufen in unserem Inneren.

Innere Faktoren – Wahrnehmung, Bewusstsein, Bewertung, Reaktion, Sorgen und Ängste

Wir nehmen Signale/Reize aus der Umwelt durch unsere Sinne wahr. Je nach Intensität des Reizes, nehmen wir ihn bewusst oder unbewusst wahr. In Sekundenbruchteilen erfolgt eine Bewertung der Situation – die in den meisten Fällen völlig automatisch und ebenfalls unbewusst abläuft. Unser Körper reagiert je nach Reiz mit Gedanken und einer Emotion und einer Aktion. Wenn wir das Gefühl haben, die Situation nicht kontrollieren zu können oder sie für uns negativ belegt ist, entsteht Stress. Unsere beiden Grundrichtungen mit Stress umzugehen sind evolutionsbedingt Angriff oder Flucht. Solchen Situationen sind wir jeden Tag hundertfach ausgesetzt. Beim Lesen einer Berichterstattung über Kriege in der Welt, im Stau, bei Konflikten mit Kollegen, in der Erziehung der Kinder, bei drohender Niederlage des Lieblingsvereins, bei schlechten Nachrichten. Nur können wir in unserer modernen Gesellschaft nicht immer flüchten oder angreifen.

Stress ist damit eine Abwehrreaktion des Körpers und des Bewusstseins (Muskelanspannung, negative Emotionen, Gefühle, Gedanken) vor allem auf Situationen, die wir negativ einordnen, die für uns unangenehm sind und denen wir uns gewissermaßen ausgeliefert fühlen. Aber auch Vorgänge, die nur im Inneren stattfinden ohne dass ein äußerer Reiz zugrunde liegt, verursachen uns Stress. Gedanken, die uns beispielsweise sorgenvoll in die Zukunft blicken lassen oder bei denen wir negative Ereignisse aus der Vergangenheit bewerten, verursachen Stress. Wir haben Angst, dass etwas geschehen könnte, was noch gar nicht geschehen ist und was wahrscheinlich gar nicht geschehen wird. Wir ärgern uns über Dinge, die vergangen sind und die wir nicht mehr ändern können. Neben dem hierdurch entstehenden Stress, verbraucht dieser Vorgang auch nachweislich viel Energie und mindert Lebensfreude. Da viele der geschilderten Vorgänge unbewusst ablaufen, ist es für uns schwer, uns der Stressfaktoren wirklich bewusst zu werden und mit diesen für uns in einer hilfreichen Art umzugehen. Schaffen wir dies nicht, führt dies zu einem Ungleichgewicht im Inneren und Äußeren. Die Folge sind häufig Konflikte mit unserem sozialen Umfeld, Unzufriedenheit, ein Gefühl von dauernder Überforderung, berufliche und private Misserfolge und Erkrankungen von Körper und Psyche.

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